Gemeinsam mit der Universität Innsbruck haben wir eine umfassende Studie zum Thema „Wandertourismus“ durchgeführt. Dabei wurden nicht nur 25 Experten interviewt, sondern auch über 800 Personen während ihrer Wanderungen hinsichtlich ihres Verhaltens am Berg beobachtet und befragt.

Wanderstudie 2019

Hintergrund: Wandern ist populär

Obwohl Wandern sowohl bei den Einheimischen, als auch bei den in- und ausländischen Gästen eine solch hohe Popularität hat, wissen wir wenig über die unterschiedlichen Zielgruppen und die Motive innerhalb der großen Gruppe der Wanderer. Noch dürftiger ist die Datenlage, wenn es sich um das Wandern im Gebirge handelt, wo neben dem reinen Genuss auch die Sicherheit eine wesentliche Rolle spielt.

Wandern ist jung

40% der Befragten sind unter 40 Jahre alt. Das Wandern ist also auch bei den „jungen Menschen“ beliebt. Das deckt sich übrigens bei allen Destinationen die für die Befragung ausgewählt wurden. Es gab hier nur geringe Unterschiede in der prozentuellen Verteilung. Auch die Geschlechterfrage ist ausgeglichen verteilt.

Alter der Befragten

unter 19 Jahre

3%

20 bis 29 Jahre

15%

30 bis 39 Jahre

18%

40 bis 49 Jahre

20%

50 bis 59 Jahre

19%

60 bis 69 Jahre

19%

über 80 Jahre

1%

Man fährt für eine Tageswanderung auch gerne mal woanders hin.

¼ der Tagesbesucher wohnen übrigens nicht in der Nähe, das heißt, dass die Bereitschaft besteht, das Heimatgebiet oder die Urlaubsdestination für einen Tagesausflug zu verlassen.

Der Deutsche Gast ist auch im Sommer top. Er ist da, ist unterwegs und konsumiert.

Fast 60% der befragten Wanderer sind Übernachtungsgäste, 26% Tagesgäste und 15% Einheimische. Deutschland ist der Zielmarkt Nr.1 mit 50%. gefolgt vom Heimatmarkt Österreich mit knapp 30%. Italien und Schweiz sind mit ca. 3% sehr gering. Der Schweizer Anteil ist in den letzten Jahren gestiegen. Die Attraktivität der Preise ist dafür ein Grund, wie auch der hohe Standard im Tal und am Berg (speziell in den Destinationen mit Bergbahnbeförderungen).

Man geht mit „Bildung“ auf den Berg.

Beim Faktor „Bildung“ überwiegt zu mehr als 40% ein Universitätsabschluss. Dies stellt doch ein überraschendes Ergebnis dar, wobei speziell der Faktor Bildung schon immer ein wichtiger Begleiter der alpinen Geschichte war. Der Zugang zum Produkt „Wandern“ ist ein leichter und somit auch auf keine gesellschaftlichen Schichten begrenzt -> jeder kann wandern.

Bildung

Universitätsabschluss

41%

Sekundarschule

31%

Berufsausbildung

12%

Handwerksmeister

11%

Pflichtschule

4%

Abseits vom Wandern geht man schwimmen oder radfahren

Die Frage nach den Outdooraktivitäten, welche zusätzlich zum Wandern nachgegangen werden, zeigte eine starke Fokussierung (über ¼ aller Befragten) auf das Schwimmen, gefolgt von Strassenradfahren und Mountainbiken sowie dem Bergsteigen als solches. Interessant ist, dass speziell Sportarten wie das Golfspielen nicht zu den Sportarten gehören, die „Wanderer“ in ihrer Nicht-Wanderzeit ausüben und doch eher klassische Sportarten wählen.

Outdooraktivitäten (Mehrfachnennungen waren möglich; Gesamtnennungen 1796)

Schwimmen

26%

Straßenrennradfahren

18%

Mountainbiken

15%

Bergsteigen

14%

Tennis

8%

Klettern

7%

Golf spielen

4%

Reiten

3%

Trailrunning

3%

Paragliden

1%

Andere Aktivitäten

1%

Tourenplanung ist wichtig, aber nur 1/3 sie vor der Tour.

Die Tourenplanung als wesentliches Element einer Wanderung wird von knapp 30% aller Befragten als wichtig angesehen und auch immer vor den Touren durchgeführt. Als Element einer gewissenhaften Vorbereitung auf die Touren sollte diesem Item zukünftig ein stärkerer Fokus verliehen werden.

Wanderplanung im Voraus

meistens

39%

immer

30%

manchmal

24%

nie

8%

Sicherheitsausrüstung ja, aber kein Biwaksack

Die Sicherheitsausrüstung ist auch beim Wandern dabei – das ist unerlässlich für die Sicherheit am Berg. Ein Erste Hilfe Paket ist bei über der Hälfte aller Befragten im Rucksack, gefolgt von einer Taschenlampe. Einen Biwaksack dabei zu haben ist sicherlich in der Alpinszene Standard. Beim Wandern ist das noch nicht der Fall. Das Mobiltelefon als wichtiges Sicherheitsinstrument ist auf jeden Fall dabei, die Frage nach der Erreichbarkeit/Verfügbarkeit und Andwendungsfähigkeit bleibt unbeantwortet.

Notfallausrüstung

Erste-Hilfe-Paket

58%

Biwaksack

11%

Mobiltelefon

94%

Taschenlampe

47%

Zuviele Wanderer auf Tour werden als Belästigung empfunden. Vor Lärm und Müll.

Sehr oft genannt (123 Nennungen) wurde der Faktor, dass zu viele Wanderer auf der Tour sind. Gefolgt von der Lärmbelästigung und den fehlenden Markierungen auf den Touren. Müll im alpinen Gelände ist leider auch keine Seltenheit – speziell, wenn viele Menschen auf den Touren sind – und somit wurde auch hier ein hoher Wert erzielt.

Welchen Ärgernissen oder Schwierigkeiten sind Sie heute bei Ihrer Wanderung begegnet?

Schlechte Wege

4%

Lärmbelästigung

10%

Tiere

8%

Biker auf Wanderwegen

7%

Fehlende Markierungen

9%

Ungesicherte Gefahrenstellen

2%

Zu steile Wege

6%

Zu viele andere Besucher

14%

Schlechte Gastronomie

4%

Müll

10%

Die Hälfte sind erfahrene Wanderer

Fast 50% aller Befragten bezeichnen sich als erfahrene Wanderer. Ca. 20% aller Befragten gaben an, sehr erfahren zu sein (inkludiert auch das Item „Experte“).

Erfahrung beim Wandern. Im Wandern sind Sie …

Unerfahren

4%

Erfahren

46%

Wenig erfahren

30%

Sehr Erfahren

15%

Experte

5%

Mittellange Wanderungen sind bevorzugt. Weitwanderwege zwar mehrfach angeboten, aber nicht ausreichend angenommen.

Bei der Dauer der Wanderung sind mittellange Wanderungen (2-5 Std.) bei über 50% aller Befragten die bevorzugte Wahl. Ein Großteil des Tourenangebotes in den Untersuchungsgebieten ist auf diese Tourenlänge ausgelegt. Interessant ist, dass aktuell viele Angebote für Weitwanderwege kreiert und im alpinen Raum etabliert werden, jedoch die Befragung ergibt, dass nur ein sehr geringer Prozentsatz (5%) solche lange Wanderungen durchführt.

Meistens unternehmen Sie …

Kurze Wanderungen (bis 2 Std.)

14%

Mittellange Wanderungen (2-5 Std.)

54%

Lange Wanderungen (5-8 Std.)

27%

Sehr lange Wanderungen (>8 Std.)

5%

Rote Wege sind beliebt. Was aber ist ein roter Weg?

Mehr als die Hälfte aller Befragten fühlt sich auf roten Bergwegen am wohlsten. Dies deckt sich sehr gut mit dem Erfahrungswissen der Wanderer in den untersuchten Destinationen. Eine Anmerkung aus der Befragung: Es wurde oft die Frage gestellt was die Unterschiede in der Klassifizierung sind.

Meistens unternehmen Sie …

Einfach Wanderungen (blaue Wanderwege)

20%

Mittelschwere Wanderungen (rote Bergwege)

53%

Schwere Wanderungen (schwarze Bergwege)

21%

Sehr schwere Wanderungen (alpine Routen)

6%

Zur Erläuterung der Auswertung – ein Auszug aus dem Tiroler Wander- und Bergwegekonzept (Amt der Tiroler Landesregierung – Abteilung Sport, 2017): 

Am Berg allein ist out. Man geht gemeinsam, ob mit Freunden, Familien oder in Gruppen. Man möchte zwar die Ruhe der Natur genießen – aber nicht alleine.

Meistens wird mit der Familie und mit Freunden gewandert. Alleine am Berg ist zwar nicht „out“ jedoch bei weitem die Seltenheit. Nur 12% wandern alleine. Geführte Touren, Touren von Vereinen und Gruppen Veranstaltungen findet man in den Untersuchungsgebieten sehr selten. Interessant ist hierbei wie gruppendynamische Effekte die Tourenentscheidung beeinflussen und dass nicht der Einzelne entscheidet, sondern eine Gruppe von Menschen, die sich untereinander gut bis „sehr“ gut kennen. 41% wandern mit Freunden, 44% mit der Familie.

Wanderpartner. Sie wandern meistens …

Alleine

12%

Mit Freunden

41%

Im Verein

3%

Tourenplanung

Passend zur Frage „Sie wandern meistens mit…“ auch die Antworten der Frage „Informationen zu Wanderungen bekommen Sie durch …“ – Freunde und Familie sind das Informationsmedium für die Tourenplanung (27%) gefolgt von den digitalen Medien (23%) wie das Internet und die diversen Blogs, Facebook Einträge, Instagram-Bilder, etc. (siehe Abbildung 14). Nicht zu vernachlässigen ist hierbei die Auswertung, dass auch die Broschüren des Tourismusverbandes, die Tourenbeschreibungen in den Wandermagazinen und in den Wanderführern ihre Berechtigung haben und dementsprechend wichtig sind. 

Informationen zu Wanderungen bekommen Sie durch …

Freunde und Familie

27%

Digitale Medien

23%

Wanderführer (Bücher)

18%

Broschüren und Infos der TVBs

13%

Wandermagazine

11%

Medien (TV, Zeitung)

7%

Wie reist man an?

Fast ¾ aller Befragten reisen mit dem Auto zu den Wanderungen an, ¼ mit den öffentlichen Verkehrsmitteln (siehe Abbildung 15). Warum sich der öffentliche Verkehr (speziell im Sommertourismus) nicht stärker durchsetzen kann, bleibt eine offene Frage.

Man konsumiert am Berg. Die Hütten sind die Jausen Boxen von früher geworden.

Die Zeiten sind vorbei, wo das Essen auf den Berg mitgenommen wird. Knapp 40% aller Befragten geben pro Wandertag zwischen 16 und 30 EURO aus. Weitere 40% geben zwischen 30 EURO und 60 EURO aus. Das deckt sich mit dem bisherigen Wissensstand und liegt sogar eine Spur drüber. Wichtig ist hierbei zu beachten, dass die untersuchten Destinationen überall über eine gute bis sehr gute alpine Gastronomie verfügen und somit auch die „Verlockung“ am Berg zu Essen sehr hoch war/ist.

Ein Wanderurlaub kostet nicht viel Geld.

Die Ausrüstung fürs Wandern ist überschaubar und schnell kann eine Wanderung gemacht werden. Dementsprechend wird für die Ausrüstung bei über 50% der Befragten nicht mehr als 100 EURO pro Jahr ausgegeben.

Wandern und Wanderurlaube mögen im Trend sein. In der Befragung sind sie interessanterweise „kostengünstig“ bzw. die Befragten geben dementsprechend wenig Geld dafür aus. Bei knapp 80% der Befragten ist maximal ein Budget von 1000 EURO dafür verfügbar. Ist Wanderurlaub wirklich billig? Warum geben die Wanderurlauber nicht mehr Geld fürs Wandern aus? Spannend erscheint diese Fragestellung im Gesamtzusammenhang der Befragung anzusehen (siehe dazu auch Kapitel 7 Gespräche am Berg & Gipfelblicke).

Studie „Wandertourismus in Tirol“

Projektinfos

Warum wandert man?

Motive & Cluster

Schlussfolgerungen & Handlungsempfehlungen Wandertourismus